May. 23rd, 2008

[info]lenija

Estella Mague, Arbeitsjournal, 1.

Ich dachte, es würde ein gewöhnliches kleines Ausgrabungslager werden, und genauso habe ich es geplant. Stoff für feste Zelte eingekauft, mit dem Budget von der Universität knapp gewirtschaftet, zwanzig Leute einkalkuliert, inklusive Soldaten, weil man uns Wissenschaftler immer nicht allein in die Wildnis gehen lassen will, dann meine Mitarbeiter und die Grabungshelfer, vor allem junge, kräftige ohne Arbeit.

Da wußte ich auch noch nicht, daß Don Koryo wirklich Graf werden wird.

Als wir fast alles gepackt und vorbereitet hatten, sammelten sich um unsere Wagen auf einmal die ersten Unbeteiligten mit vollen Taschen. Zugegeben, ich achtete nicht darauf. Leh Suwara war vorbeigekommen und bat mich, am Tag darauf mitkommen und helfen zu dürfen; der Hauptmann der Stadtwache hatte ihm für mindestens eine Woche verboten, harte körperliche Arbeit zu erledigen. Weshalb es natürlich auch nicht klug gewesen ist, ihn mitzunehmen, ich weiß.
Aber immerhin ist er es gewesen, der die Hexe in den Ruinen gesehen hat, daher fand ich, er hätte es verdient, dorthin gehen zu können, wann immer er will.

Also - wir bauten unsere Zelte unweit des Baches auf, gruben unsere Latrinegräben und richteten uns häuslich ein, um eine gute Ausgangsbasis für die Grabung zu haben.
Am Tag darauf sind wir zum ersten Mal mit einer größeren Gruppe von Experten zu den Ruinen gegangen. Ich habe sicher wie ein Kind gestrahlt, als ich meinen Kollegen alles zeigen konnte, meine Entdeckung, denn irgendwie war sie das noch immer. Obwohl sicher auch bald ein anderer sie gefunden hätte, auch ohne meine Versuche in Traumdeutung.
Wir steckten Planquadrate ab und fingen beim nächsten Tagesanbruch an.
Ich habe nicht wirklich gemerkt, daß da Nichtarchäologen im Lager waren. Erst, als wir bei unsrer Rückkehr am Abend gekochtes Essen riechen konnten, wurde mir klar, daß wir Anhänger hatten.

Jetzt fangen die, die später gekommen sind, schon an, die Häuser besser zu befestigen und Werkstätten zu errichten. Es sind Leute verschiedenster Professionen.
Weil ich nichts von einer Siedlungserlaubnis wußte, wollte ich sie zuerst alle wegschicken. Leh kam bald genug mit einem Brief von Don Koryo im Gepäck.
Er sagt, man betrachtet uns in der Stadt so ähnlich wie die Siedler am Seeufer, nur, daß man uns interessanter findet, weil wir von der Universität geschickt worden sind. Unser Lager wird "Mague no Campo" genannt, "Magues Lager", und sie ziehen es zu einem Wort zusammen, als ob das ein Dorfname sei, und nicht einfach nur eine Bezeichnung für ein paar Zelte unter meiner Leitung.

"Ihr sagtet doch, Mague-san, daß die Ruinen für Euch und Eure Mitarbeiter Jahre an Arbeit bieten, nicht wahr?" vergewissert sich Leh vorsichtig.
Estella wühlt in ihren Locken, sie hat schon fast den ganzen rechten Zopf wieder aufgezogen. "Ja", sagt sie, "das schon, aber daß noch jemand anderes hierher kommen will? Und daß sie einen ganzen Siedlungsbrief an uns verschwenden wollen?"
"Ich habe gehört, daß die Gräfin oft die Universität besucht, und auch Koryo-hoku soll sehr interessiert an neuen Forschungen sein. Vielleicht-"
"Daß es eine Geste wäre? Für die Wissenschaft?"
Er windet sich, nickt dann zögernd. "Ja. Und die Gegend hier ist gut, Mague-San. Der Bach, die Lage auf dem Hügel neben den Ruinen... wer nicht allzu abergläubisch ist, könnte wohl glauben, daß es sich hier angenehmer leben läßt als etwa im Hafenviertel."
Estella klammert sich an ihren Becher; vor ihren Augen verschwimmen die Flammen des Feuers. "Also heißt jetzt ein Dorf nach mir."
Leh lächelt in seinen Sake und sagt nichts.
"Sie hätten es wenigstens Espejo dela Strega nennen können", murmelt Estella. Aber sie weiß am besten, wie solche Dinge sich manchmal selbst entscheiden. Hitzusen ist nichts als Interpretation.

Mar. 18th, 2008

[info]lenija

Captain's Story - RPG-Tie-In

[Kontext: Eine gar dunkle und furchterregende Geschichte...]

"Auf keinen Fall." Der Schmied hat seinen Hammer nicht beiseite gelegt, und würde Izumi ihren Vater nicht so gut kennen, würde sie sich Sorgen darum machen, was er mit ihm vor hat, ob er vielleicht seine Aussage mit einem Schlag auf den Amboß oder anderswohin bekräftigen will, doch so etwas tut er nie, er ist zu verantwortungsbewußt.
Sie wünscht, er könnte einmal aufhören, sich um das Wohlergehen seiner Mitmenschen zu kümmern.
"Don Koryo hat den Weg schon dreißig Mal gemacht, Papa, und er sagt, es wäre sicher."
"Sicher? Sicher um die Nebelhöhen? Sicher in Wäldern, in denen sich Werwölfe herumtreiben?"
"Du planst schon seit Jahren, einmal zum Markt nach Rothenau zu reisen und Frerk von Siebensprung zu treffen, doch nie tust du es! Ich biete dir die Möglichkeit, ihm zumindest eine Botschaft von dir zu überbringen, und denk an den Handel -"
"Genug jetzt, Kind. Ich habe meine Entscheidung getroffen."

---

"Izumi Armero. Arbeitest du jetzt nicht in der Burg als Dienerin?"
"Was geht dich das an, Elas? Bist du nicht nur Schmuggler, sondern auch Spion?"
Auf Elas' dunkler Haut sieht man nicht, ob er blaß wird, aber Izumi sieht seinen Mundwinkel zucken.
"Oh nein, sag nicht -"
"Halt den Mund, Armero, hier kommen Leute vorbei. Du kannst heute abend im "Krug" mit mir reden, nach Sonnenuntergang."
"Nach Sonnenuntergang? Wie soll ich mich da hinausschleichen können?"
"Das ist deine Angelegenheit. Eine, die Kriegerin werden will, wird's ja wohl schaffen, nachts aus dem eigenen Haus rauszukommen." Er spuckt einmal auf den Boden, bevor er, ohne ihr einen weiteren Blick zu schenken, um die Ecke biegt und in einer der Gassen am Hafen verschwindet.

Natürlich ist es nicht so schwierig, leise aus dem Fenster zu klettern, wenn die Eltern schlafen, den Laden vorsichtig wieder zu schließen und rasch auf bloßen Füßen zum Hafen zu rennen; sie tut es nur nicht gern. Oder sie tut es wohl gern. Sie mag nur nicht dem Vater gegenüber stehen, wenn er sie erwischt, und schon wieder denselben Streit mit ihm führen, den sie schon viel zu oft ausgetragen haben, ohne daß dadurch etwas besser geworden wäre.
Vielleicht schläft er tief genug. Sie hofft es.
Elas ist da, in einer Ecknische, halbverborgen vor den interessierten Blicken einiger Mädchen und Jungen, die im "Krug" auf der Suche nach Küssen sind.
Izumi läßt sich neben ihn auf die Bank gleiten. Ihr dunkelbrauner Umhang hilft ihr, mit dem Schatten zu verschmelzen (so ist es jedenfalls gedacht).
"He."
"He Armero, hast es also geschafft."
"Was hast du denn gedacht?"
"Woher sollt' ich denn wissen, ob du die Traute hast? Ich sehe dich zwar immer in den Gassen und am Hafen rumlungern, seit du ein Balg bist, aber das sagt nichts darüber, ob du wirklich was mit uns Straßenvolk gemein hast oder nur ein Möchtegern-Spielchen spielst."
"Ich bin nicht hier, weil ich dringend etwas mit dir gemein haben will."
"Ah, so. Und warum biste hier, Tochter des Waffenschmieds?"
Gerade will sie leise werden und es ihm erzählen, als die Bedienung ihr an die Schulter tippt und auf ihr ablehnendes Kopfschütteln darauf besteht, sie müsse bestellen oder sie könnte nicht hier sitzen.
"Geht auf meine Rechnung, Bea", sagt Elas.
"Auf gar keinen Fall!" protestiert Izumi. Bea fragt: "Was jetzt?", ungeduldig. "O-Nigorizake", sagt Izumi, "und ich bezahle selbst."
Elas zieht eine Augenbraue hoch. "Taschengeld?" fragt er spöttisch.
Oh, Izumi hat keine Lust mehr, sich das anzuhören. Sie hat keine Lust mehr, ständig beweisen zu müssen, daß sie auch etwas kann und sich etwas wagt, nur weil ihr Vater sie wie ein Kleinkind behandeln will und jeder darüber Bescheid weiß.
"Blödsinn", sagt sie. "Ich bin hier, weil ich nach Rothenau reisen will. Und du kannst mir helfen, aus der Stadt rauszukommen."
Er sieht nicht mehr ganz so besserwisserisch aus wie vorher, glaubt sie im Kerzenlicht zu erahnen, eher neugierig.
"Was willst du dort? Markt kannst' auch hier haben. Oder in der Hauptstadt."
"Ein Botschaft überbringen."
"Dir ist schon klar, daß es im Eibentalwald Werwölfe gibt."
"Dort sind auch schon andere Händler durchgereist, nicht wenige außerdem."
"Ja, mit Schutzzaubern und Bewaffneten. Und aus sinnvollen Gründen, Handel zum Beispiel."
"Kann dir doch egal sein, warum ich dorthin will. Hilfst du mir nun, oder nicht?"
"Wieso sollte ich überhaupt?"
"Vielleicht", beginnt Izumi und senkt die Stimme, "damit nicht jeder hier erfährt, daß du ein Spion bist?"
Diesmal wird er wirklich bleich hinter der Kerze, läßt sich ein Stück zurücksinken, um besser in den Schatten verborgen zu sein. "Wie kommst du überhaupt auf die Idee? Die ist dumm wie ein Riese."
"Du bist ein miserabler Spion, hast dich sofort verraten. Und seit wann sollen Riesen dumm sein?"
"Hör mal, Izumi, das ist keine lustige Geschichte. So eine Beschuldigung kann mich ganz schnell den Kopf kosten. Wenn du schon mit dem Wort um dich schmeißen mußt, tu's verdammt nochmal nicht da, wo dich einer sehen oder hören kann, noch besser: weit weg von mir."
Sie erschrickt, als sie die Angst in seiner Stimme hört, aus dem wirklichen Leben kommt sie, geprägt von Dingen, die ihm geschehen sind, nicht von Märchen. Es erinnert sie daran, daß sie ja wirklich so unwissend ist, wie die Leute sagen. Vielleicht ist sie wirklich ein dummes Kind.
"Schon gut", sagt sie, "ich sag' nichts mehr davon. Tut mir leid."
Elas beugt sich vor, so daß sie wieder sein Gesicht sehen kann. Er grinst, etwas wacklig.
"Du nimmst deine Drohungen zu schnell zurück, Chica. So merkt jeder gleich, daß du nicht bereit bist, was durchzuziehen."
Bea rauscht vorbei und knallt zwei Sakebecher auf den Tisch; Izumi muß sich beherrschen, nicht zusammenzuzucken. Elas rührt keine Wimper. Kann sein, daß er doch nicht so ein schlechter Spion ist.
"Eigentlich", sagt sie, sie merkt, daß es ihr herausrutscht, aber es ist ihr fast egal, "eigentlich will ich gar nicht unbedingt nach Rothenau. Ich will einfach irgendwohin, an irgendeinen Platz, der nicht Asahi ist oder Ivana-Stadt oder Oura. Ich hab' genug von daheim."
Ihr Gegenüber nickt, zieht einen Becher zu sich heran. "Dacht' ich mir."
"Besserwisser."
"Nesthäkchen."
Sie muß lachen.
"Hör mal", sagt er dann.
"Ich hör doch längst."
"Ich bin übermorgen weg hier, über's Meer zu den Inseln. Ist nur ne kleine Handelsreise, verstehst du, vielleicht könnt' ich ein Schiffsmädchen unterbringen. Wenn du denkst, daß du das hinkriegen kannst."
"Zu den Inseln? Aurora?"
"Ja, zwei Wochen Reise."
Izumi zögert. "Warum würdest du mich mitnehmen wollen?"
Er zuckt die Schultern.
"Gut", sagt sie, entschlossen. Elas hebt den Becher, um mit ihr anzustoßen. Ton klirrt auf Ton.

[info]lenija

Logbuch des Shoguns, sechster Eintrag

Ciudad de Ivana, Frühjahr

Ich reise hin und her zwischen dem neuen Gildenhaus in der Hauptstadt und hier, es ist abenteuerlich, anstrengend, beanspruchend, und ich ziehe es jederzeit der gepflegten bäuerlichen Langeweile vor, mit der ich mich in Asahi und Oura auseinanderzusetzen habe. Es ist kein Zeichen von Kompetenz, so unflexibel zu sein, glücklicherweise merkt es nun niemand, weil ich gute Vertreter zuhause habe und meine Pflichten als Ratsmitglied im Rat der Hanse ebenso wichtig sind wie die alten daheim. Im Winter werde ich wieder hier in der Burg sitzen, jetzt aber ist Frühjahr, und es gibt viel zu tun. Auch bevor mich im späten Sommer und Herbst die Schwangerschaft davon abhalten wird, bei Wind und Wetter unterwegs zu sein.

Wir haben uns einen Platz im Kaiserreich erkämpft, der nicht mehr einfach so zu übersehen ist. Inse hat ein ordentliches mittelgroßes Heer zur Bewahrung unserer Sicherheit aufgestellt und arbeitet mit den Schmieden der Yamamoto Ryu zusammen, um die Herstellung besserer Waffen zu vereinfachen, mit denen die alten Techniken umgesetzt werden können. Sie hält diese Techniken, nachdem sie sie nun kennengelernt hat, für äußerst effektiv und durchaus zeitgemäß. Mir gefallen die Taktikhinweise in den Schriften beider Traditionen. Sie sind kombinierbar; manchmal fechte ich auf dem Papier und im Kopf die kleinen Kriege aus, die ich in der Wirklichkeit zu vermeiden suche, und probiere neue Kombinationen wie Schachzüge.

Es regnet, der Wind weht heftig von der Muro dela Llama her und stinkt nach Sumpf. Ich habe wenig Lust, mich gleich wieder auf den Weg nach Ciudad de Argentea zu machen. Morgen, vorher die Papiere, und ein Besuch in Oura, die Kapelle einweihen. Hoffentlich gibt es keinen Sturm, bevor der Deich befestigt ist, oder Ilvauntras Spiegel versetzt meinem Dörfchen einen schmerzhaften Schlag - gut übermorgen in die Hauptstadt. Martell wird auch nicht früher da sein.

Rico ya Ivana, Condesa

persönliche Notiz auf separatem Blatt:
Auch diese privaten Dinge sollten wohl irgendwo niedergeschrieben werden, nicht unbedingt in dem Dokument, das als erstes in den Händen meiner Erben landen wird, aber irgendwo.
Ich habe mir Gedanken über Erben gemacht, doch kann ich mich damit nicht herausreden; Tokema Hiroshi stand keinen Moment lang auf der Liste der potentiellen Kandidaten, egal ob für eine Ehe oder als Vater meines ersten Kindes. Wenn ich nach Koryos Vermutung - oder Anschuldigung, je nachdem, wie man es sieht - gehe, dann habe ich aus Kalkulation mit Tokema geschlafen, denn ich sei ein kalkulierender Mensch, meint Koryo, niemand, der sich von Leidenschaften überwältigen läßt, erst recht nicht (und das nun nehme ich an, daß er denkt), wenn es um einen Mann geht, der gut mein Vater und beinah schon mein Großvater sein könnte. Ich mochte Koryo nicht glauben, er war offensichtlich eifersüchtig. Was hat er gedacht, daß ich ihn heiraten würde? Dazu bräuchte ich zuerst einmal eine sehr gute Rechtfertigung, ihm einen Adelstitel zu geben, und dann ein paar Jahre Wartezeit, damit es nicht mehr so auffällig ist. Jeder kennt die Geschichte, eine Erhebung in den Adelsstand für eine Mätresse ist nicht unüblich, aber von den Konservativen nicht gern gesehen, und für die Ehe gelten solche Aufsteiger als ganz und gar nicht geeignet.
Wie auch immer, wenn ich darüber nachdenke, Koryo wird recht haben. Zwar hatte ich in jenem Moment eher das Gefühl, mich in der Tat von Leidenschaften hinreißen zu lassen, denn ältere Männer habe ich noch nie als unattraktiver denn jüngere gesehen. Meinem Charakter jedoch entspricht es nicht, Emotionen nachzugeben, bevor sie überprüft worden sind, und ich habe mir nur nicht eingestehen wollen, daß Tokema eben doch auf der Liste stand.
Koryo sagt:" Du wußtest, daß er der allerletzte ist, der dir einen Strick daraus drehen wird. Und daß er es nicht verwenden wird, um Macht über dich zu erlangen."
Wahr ist neben diesem Punkt nun aber auch, daß Tokema Hiroshi mir in den letzten drei, vier Jahren nicht nur ein Unterstützer und Ratgeber, sondern auch ein Freund geworden ist. Ein kritischer Freund, der oft unzufrieden mit meinen Entscheidungen ist, und der mir seine Zweifel eingesteht. Ein veritabler Gegner meiner Politik der Neutralität, ein ewiger Hinterfrager, einer, der für eine andere Generation und eine andere Tradition steht als mein Onkel oder ich - und gerade aus all diesen Gründen ein Freund, weil er immer nur das Beste will für mein - unser! - Land und für mich. Insofern glaube ich, daß Kalkulation und Intuition hier zusammengearbeitet haben. Mit Koryos Verärgerung werde ich leben müssen. Meine Wahl ist nicht falsch gewesen.

Feb. 25th, 2008

[info]lenija

Logbuch des Shoguns, fünfter Eintrag

Ivana, Herbst

Haben die Botschaft erhalten, die wir nach einem Jahr harter Arbeit erhofft hatten: Der Kaiser ernennt mich zur Freifrau. Schickte zusätzlich einen Siedlungsbrief, und wir begannen am selben Tag noch, die Sachen zu packen; für diesen Fall ist lange schon vorgesorgt worden. Delmara ist unter den Siedlern, heißt, wir müssen uns keine Sorgen um deren Wohl machen, die Frau hat die Dinge in der Hand. Werde bald Soldaten nachschicken, zum Schutz - man hört von Überfällen auf neue Siedlungen. K sagt, schick Inse gleich hin, um dort eine Wache aufzubauen, aber soweit sind wir noch nicht, Recht hat er, daß Inse die ist, die hin muß und nicht Tokema, für den gibt es hier unter meinen Augen dann endlich eine würdige Position.
Lasse abstimmen über den Namen des neuen Dorfes, das mögen die Leute, es wird sicher einen kitschigen Namen geben.

Rico ya Ivana, Freifrau

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Vom Burghof
klingen Schwertstreiche.
Frühjahrssonne auf Buchseiten.

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Ernte im Flußtal
Neben den Sensenschwingern
Purzelbäume.

~~~~~~~~~~~~~~
sumpfiges ufer
mit dreck an beiden händen
zurück zwischen stein

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abendfeuer
der rauch neben dem mond
steigt bis zum turm

hügel umfassen
grün die reisfelder noch wenn
das flusswasser steigt

Feb. 22nd, 2008

[info]lenija

Logbuch des Shoguns, vierter Eintrag

Ivana, Herbst

Vielleicht sollte ich in Erwägung ziehen, diesen Titel für mich zu beanspruchen.
Wir haben den ersten Kampf gewonnen. Unsere Späher benachrichtigten uns frühzeitig über die Bedrohung durch die Barbarenhorde, doch ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie ich die Situation einschätzen sollte.
"Ihr müßtet mittlweile genug über Taktik wissen!", schimpfte Tokema, gegen seine Natur die Selbstbeherrschung verlierend, "wenn Ihr mir auch nur einmal zugehört hättet!"
Ich erklärte ihm so ruhig wie möglich, daß das nicht meine Aufgabe sei, Kriegstaktik zu lernen.
"Was sollte dann Eure Aufgabe als Herrscherin sein, Baronin?"
"Zu delegieren", sagte ich. "Besprecht Euch mit Inse. Als Kommandantin und Ausbilderin ist sie die Zuständige, nicht ich. Ich habe vollstes Vertrauen zu Euch. Ihr werdet die beste Lösung finden, wie wir mit dieser Lage umgehen."
"Widensra ist Ausländerin, bei allem Respekt, Dona -"
"Tokema, tut was ich Euch sage."

Nach dem Gespräch hatte ich das dringende Bedürfnis, mir ein Glas Wein einzugießen.
Koryo, der fast immer in meinem Büro ist, weil ich die Bilanzbücher nicht aus den Augen lassen will, musterte mich mit einem seltsamen Blick. "Was ist?"
"Ich hoffe nur, Ihr habt Euch soeben keinen Feind gemacht."
"Tokema würde mir keinen Dolch in den Rücken stechen, nicht er."
"Das ist nicht alles, was er tun kann."
"Wenn ihr alle alles so viel besser wißt als ich, wieso habt Ihr dann nicht das Szepter in der Hand, he?" rief ich. Ich hatte ausgesprochen genug von diesem Unfug.
Koryo stand auf, nahm mir das Weinglas aus der Hand und stellte es auf der Kommode ab.
"Wenn Ihr nicht zulaßt, daß Eure engsten Vertrauten Euch kritisieren, Rico, von wem wollt Ihr lernen? Wie könnt Ihr wissen, daß Ihr keine Fehler macht?"
"Inse weiß am besten -"
"Es geht nicht nur um heute."
"Um was dann, Koryo? Um was dann?"
Er reckte das Kinn vor; ich habe ihn vorher noch nie so entschlossen gesehen, nicht, daß ich mich erinnere. "Ihr müßt verstehen, Baronin, daß ihr Opfer bringen müßt. Hört Ihr das zum ersten Mal?"
"Was glaubt Ihr denn alle, was ich tue?" schrie ich. "Dir habe ich die Bilanzen übergeben müssen, Seva die Pferde, ich verbringe meine Tage mit ergebnislosen Gesprächen mit ungebildeten Bauerntrotteln, anstatt zu tun, was ich kann und tun will. Anstatt etwas zu erleben, oder zumindest Zahlen zu schieben - du tust das alles, was erlaubst du dir überhaupt, du, der du deinen Spaß haben kannst mit Briefwechseln, Handelsabkommmen, Marktbesuchen, und Tokema liebt die Kämpferei, und er erwartet, daß ich wie einer seiner Kriegerfürsten werden, die es seit tausend Jahren nicht mehr gegeben hat - ich kann nicht alles können! Ich bin nicht Varitio, noch bin ich Tokemas heißgeliebter Yamamoto-Fürst. Wie soll ich meine Pflicht erfüllen, wenn ihr mich nicht tun laßt, was ich kann, aber von mir erwartet, daß ich an allem anderen Spaß habe?"
"Rico -"
"Nein!"
"Doch." Er hielt meinen Arm fest, bevor ich das Glas von der Kommode schleudern konnte. "Niemand erwartet das. Und selbst wenn es so wäre, du mußt dich von den Erwartungen der anderen lösen, dein Urteil verwenden, dich nicht von mir oder den Adligen aus der Ruhe bringen lassen."
Ich mußte den Kopf schütteln. "Du widersprichst dir."
"Vielleicht ein wenig", gab er zu. "Was ich meine ist, ja, tu das, was du für richtig hältst, aber höre auf Ratschläge und bedenke sie. Du weißt selbst, wie viele hinter Tokema stehen, und wie wichtig es ist -"
"-daß er auf unserer Seite bleibt, ja."
Koryo lächelte. "Taktik ist nicht sehr verschieden von Mathematik, Rico, wenn du es mit Ruhe betrachtest."

Ich habe es mit Ruhe betrachtet, er hatte recht. Ich hatte nur in all dem Trubel des vergangenen Jahres aus den Augen verloren, mit welchen Absichten ich begonnen hatte, daß ich früher keine Schwierigkeiten gehabt hätte, ein paar Blicke auf einen Schlachtplan zu werfen. Ich habe mir vom Trotz den Kopf vernebeln lassen, weil man mir meine geliebten Bücher genommen hat, das wird nicht wieder vorkommen.
Ich schreibe dies auf, um mich später erinnern zu können, was ich gelernt habe. Daß ich auf meine Ratgeber hören, doch die Entscheidungen stur treffen soll, wie eh und je. Daß mein Verstand mich nicht im Stich läßt, wenn ich mir nicht allzu sehr von diplomtischen Notwendigkeiten die Lust am Denken verderben lassen, und daß ich es bin, die beschließen kann, wer sich mit was befaßt, nach wie vor.

Um Ivana steht es nicht übel, wenn auch nicht so ideal wie vor Monaten. Unsere Kassen beginnen sich zu leeren, was in unserem Holzmangel begründet liegt, ich muß nach Konsolidierungsmaßnahmen Ausschau halten.
Es wird Zeit, daß wir uns einer Allianz anschließen, und ich habe schon längere Zeit eine im Auge.
Der Fortschritt in unserer Siedlung geht rasend schnell. Und ja, mit vereinten Kräften stellten wir unsere Truppen vernünftig auf, nur um dann festzustellen, daß wir einer geringeren Streitmacht gegenüber standen, als wir erwartet hatten. Wir schlugen sie leicht.
Ich nehme Kampfstunden bei Inse und erinnere mich wieder an die Grundlagen, es ist nicht gar so schlecht, und man kann es brauchen. Und ich habe Koryo nicht verboten, mich Rico zu nennen, was wohl bedeutet, ich habe einen Freund aus Kindertagen wiedergewonnen.

Inse ist, wie ich gedacht hatte, eine großartige Ausbilderin, die Leute sind ihr sehr loyal. Wenn mir Tokema noch einmal mit der Ausländer-Sache kommt, werde ich ihm heftiger über den Mund fahren als letztes Mal. Das hier ist mein Land, nicht Anciano Nihon.

gez. Rico ya Ivana, Baronin

Feb. 12th, 2008

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Logbuch des Shoguns, dritter Eintrag

Ivana, Lenzmond

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wie geordnet ivana doch ist, wie zufrieden und tüchtig die bürger, wie reibungslos die abläufe, eine perfekte maschinerie von knopfdrücken, was ich anleiere, das geschieht, und ich muß es nicht durchführen. die baronin ist meisterin des delegierens und philosophiert in ihrer burg, ohne einer einzigen linie treu folgen zu wollen.
insofern liegt tokema ideologisch gesehen richtig mit seiner kritik, indem er von rico mehr disziplin und respekt für die überlieferung des bushido fordert, doch praktisch gesehen tut sie nichts falsches, denn ihr reich prosperiert und ihr unaufhaltsamer und rascher aufstieg in der hierarchie des kaiserreiches straft alle mäkler lügen. so scheint es.
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Zu viele gekaufte Waren, zu wenige Steuern, um all das zu bezahlen, so wird es bald aussehen, wenn wir weitermachen wie bisher. Ich gehe viele Risiken ein und verlasse mich auf meinen Weitblick. Dergleichen kann leicht einmal versagen. Ich darf unsere Goldschätze nicht mit vollen Händen hinauswerfen, sie füllen sich nicht einfach wieder auf, wie Früchte und Reis in übervollen Lagerhäusern, denen nicht einmal die Stürme letzten Monats etwas anhaben konnten.
Man singt Lieder über mich, das bedeutet wohl, ich habe es zu einer gewissen Berühmtheit gebracht; in meiner Position ist das allerdings keine Leistung. Es heißt lediglich, daß ich besser aufpassen muß, wie ich handle und mich zeige, weil davon die Zufriedenheit der Bürger abhängig ist. Daher verbringe ich viel Zeit in Gesprächen mit Bauern, Maurern, Hebammen und weniger mit Händlern, und ich lerne, daß nicht nur, wer aus der Fremde kommt, Geschichten mitbringen kann. Und in den Abendstunden, bei Kerzenlich, bemühe ich mich, ein bißchen den Ratschlägen der Älteren zu folgen und mich zu bilden. Die Bilanzen, um die ich mich lieber selbst kümmern würde, muß ich auf Zeit Koryo überlassen. Anführer, nein, Herrscher zu sein, ist gleichbedeutend damit, Dinge tun zu müssen, die einem nicht gefallen, hat meine Tante immer gesagt, und obwohl ich den Verdacht habe, daß dieser Ausspruch zutreffend auf so ziemlich jede Position wäre, kann ich trotzdem zugeben, daß sie nicht Unrecht gehabt hat.

Rico ya Ivana, Baronin

Feb. 9th, 2008

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Logbuch des Shoguns, zweiter Eintrag

Ivana, Frühjahr

Die letzten Monate waren geschäftig, ich hatte kaum Zeit, innezuhalten und nachzudenken, zwischen Handelsverträgen, Beförderungen, Bilanzen, auf Bauplätzen und zwischen Waren in überfüllten Lagerhallen - oder allzu leeren, um das auch zu erwähnen.
Auf der sonnigen Seite steht, daß niemand von uns hat Hunger leiden müssen. Unser Dorf ist gewachsen, dennoch hat jede und jeder ernährt werden können. Daraus entsteht ein Ruf, der sich verbreitet und neue Siedler anzieht, ein Ruf, dem wir werden gerecht werden müssen: In Ivana läßt es sich gut leben. Man muß sein Quentchen beitragen, bekommt jedoch auch etwas dafür.
Warm ist es noch immer nicht, auch noch keine Zeit zum Säen. Die Sonne kommt tags ein paar Stunden hervor, dann kann man wieder glauben, daß man sich weit im Süden befindet. Abends verbrennen wir das stets knappe Holz so sparsam wie möglich in unseren Öfen und freuen uns auf den kommenden Morgen mit seiner Wärme und den schweißtreibenden Tätigkeiten.
Koryo liegt mir in den Ohren damit, wir müßten uns einer Allianz anschließen. Mein Berater und Buchhalter mischt sich in Dinge ein, die ihn nichts angehen, das darf er sich nur erlauben, weil wir uns seit Kindheit kennen, und ich sage ihm das. Worauf er betroffen schaut, sich zurückzieht und am anderen Tag wieder damit anfängt, kluge Ratschläge zu erteilen. Ich denke, es ist noch nicht an der Zeit, solche verpflichtenden Bündnisse zu schließen. Mir fehlt noch der Überblick, die Machtverteilung im Kaiserreich ist stets im Wandel begriffen, und ich will wissen, wann sie sich in diese, wann in jene Richtung wiegt, bevor ich selbst mein Gewicht einsetze, um die Wage auf einer Seite zu beschweren. Und dabei werfen sie mir Jugend und Unbesonnenheit vor. Woher diese Bilder wohl immer kommen. Man wird sich mit ihnen arrangieren müssen. Ich passe nun einmal nicht in die Vorstellung der Meisten von einem weisen Herrscher, und es liegt an mir und der Zeit, den Zweiflern und Kritikern zu beweisen, daß sie unrecht haben.

Gestern kam ein Bote vom Kaiserhof zur Burg und wollte "Herrn Rico den Shogun" sprechen. Man kicherte ein wenig über ihn, bevor man ihn vor ließ.
Er überbrachte mir einen Brief vom Kaiser höchstpersönlich, in dem stand, man beobachte mit Wohlwollen mein Walten in Ivana. Das zweite Blatt Pergament darunter verhieß, Dona Rico ya Ivana sei zum in den Stand eines Barons erhoben worden, per kaiserlichem Dekret. Sie möge sich würdig erweisen.

Das mag der Grund sein, daß ich mein Logbuch aus der Truhe genommen habe und so sehr in Redelaune bin.
Meine Bemühungen finden ihren Lohn, und oh, Don Tokema mahnt mich, nicht zu ehrgeizig zu sein, sondern Bescheidenheit walten zu lassen und nur dem Kaiser zuliebe größtmögliche Anstrengungen an den Tag zu legen - doch ich weiß nicht, wie viel mir seine alte Philosophie noch sagt. Mir kommt Ehrgeiz nicht wie etwas Schlechtes vor. Er sagt, ich solle die Schriften lesen, zum Beispiel die Yamamoto-Fragmente. Hier neben mir liegen sie.
Wenn ich mir nicht auf Dauer Sprunghaftigkeit und Mangel an Weisheit vorwerfen lassen will, sollte ich auf Tokemas Rat hören.

gez. Dona Rico ya Ivana, Baronin

Feb. 5th, 2008

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Logbuch des Shoguns, erster Eintrag

Ivana, Winter

Auch in meinen Ländereien ist es nicht immer warm.
Zu der Zeit, da ich zurückgekehrt war, um mein Erbe anzutreten, war es schon Herbst, und nun, da es noch so viel zu bauen, instand zu setzen und zu ordnen gibt, ist von Nordwesten ein eisiger Wind nach Ivana gekommen, prescht über die Felder und zerrt an den kargen Resten der Rebstöcke - ich friere jämmerlich, die Nordländer würden lachen.
Trotz allem muß ich meine Leute zur Arbeit antreiben, weil wir keine Zeit haben, uns anzustellen. Man hört immer wieder die Kunde von Kriegen, noch weit weg, nur wie lange kann das so bleiben? Ich bin kein Trottel; ich setze nicht auf Hoffnungen.
Bald werde ich mich ernsthaft mit Politik befassen müssen, nicht nur mit dem Hüten meiner braven Landeskinder - sie benehmen sich - sondern mit fremden Fürsten, obskuren Allianzen, verrohten Eindringlingen. Ich freue mich darauf. Der Winter schneidet uns ab von allen wahrhaften Herausforderungen, und um derentwillen habe ich schließlich eingewilligt, Onkels Platz tatsächlich einzunehmen.
Nun, und anderer Dinge wegen, aber wirklich, in der Hauptsache waren es die Herausforderungen.

gez. Dona Rico ya Ivana, Gutsherrin


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es ist ein postmodernes wunderland, das ich da regiere. die schmale, kaum wehrhaft erscheinende burg des shoguns thront über fruchbaren ebenen, eingerahmt von hängen an den ufern des flusses rhi, wo der wein gedeiht, nein, kein sake. es gibt keine krieger bisher, die mein potpourri bewachen; man wird sehen, welche art von kerlen da zum vorschein kommen, wenn es soweit ist.
dona rico ya ivana, ich bin das, ist mehr händlerin als shogun, doch sie ist auch erst am anfang ihrer reise.
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Feb. 2nd, 2008

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Unordnung (Dr. Who, Tegan, Turlough, nach The King's Daemons)

Du wolltest die TARDIS verlassen, um Stewardess zu werden? Das ist nicht dein Ernst. )

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erzählerIn, jj, siv. in stuttgart.

Anm.: Um wieder in der deutschen Sprache anzukommen.
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Jan Johannes ist über Weihnachten nach Hause gefahren )

Feb. 1st, 2008

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introductory post

not a dialogue yet, or is it?

i would not know whom i should let speak to introduce us. we are
voices. we are imaginary bodies. we are a playground for intensity in words and connotations.
we are letting the letters flow.

constructs in my head's notebook, transferred to screen.
liquid manifestations of my selfs, talking -
that is what can be found here

and it will be
could
sometimes
be
a lot of fun.