Len (lenija) wrote in chaos_dialogues, @ 2008-02-02 03:20:00 |
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Entry tags: | character: jan johannes münzer, character: narrator, mage the ascension, rpg character, someone else's character |
erzählerIn, jj, siv. in stuttgart.
Anm.: Um wieder in der deutschen Sprache anzukommen.
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Jan Johannes ist über Weihnachten nach Hause gefahren, aber eigentlich kann man das nicht mehr so nennen.
Zu Hause ist eher Vijas Bus, Annes Laden, das Dojo. Der Vorlesungssaal. Die Uniklinik. Seine Wohnung mit der Katze, die wirklich seine Wohnung geworden ist.
Stuttgart liegt ruhig wie je zwischen seinen Hügeln, es hat nicht geschneit (die letzten Jahre schneit es nicht mehr), man sieht, wenn man vor dem Bahnhof steht, zwischen den Häusern ein Stück weiter oben die Weinstöcke als sei es erst Herbst.
Siv ist diejenige, die er als erstes besucht. Sie macht die Tür auf, schaut ein wenig... zweifelnd, denkt er, dann lächelt sie, umarmt ihn, drückt ganz fest, als wolle sie das Zweifeln wieder gutmachen, und bittet ihn erst nach ein paar Minuten hinein (Vija wüßte, wie lange genau es gedauert hat).
"Und", fragt sie, "wie ist es, wieder in Stuttgart zu sein", und da ist vielleicht ein Vorwurf in ihrer Stimme, vielleicht bildet er sich das auch nur ein, weil Jan Johannes sich immer gerne einbildet, doch bei Menschen nicht richtig zu liegen. Er ist versucht, seine Barrieren zu senken und ganz einfach zu spüren, was sie fühlt, das gehört sich aber nicht, und er läßt es.
"Ich weiß noch nicht. Es ist gut, dich endlich mal wieder zu sehen."
"Ja, ich hab keine Zeit, in Leipzig vorbeizukommen, tut mir leid."
"So war es nicht gemeint."
"Ja, ja. Ich weiß."
"Siv, was ist los?"
"Nichts", sagt sie, "das sind nur die alten Gewohnheiten, achte nicht drauf."
Sein Blick ist ein bißchen geschweift, er erkennt einige der Fotos, die über ihrer Kommode hängen, wieder, darauf ist die Kindergartengruppe, und irgendwie ist darauf auch das Jahr, jenes Jahr, mit dem Besen, dem sprechenden Spiegelbild, nunja, als alles ganz massiv in Bewegung gekommen ist - ist das nur Nostalgie, daß er sie besuchen kommt?
Er beschließt etwas.
(Etwas beschließt sich.)
In ihrer Küche, mittlerweile keine Studentenküche mehr, weil sie in diesem sogenannten normalen Leben angekommen ist, kochen sie Tee, ihre Kräuterbündel hängen getrocknet von der Decke. Jan Johannes schneidet Tomaten und Gurken für den Salat, auch Zwiebeln, sie müssen beide nicht weinen, wenn sie nicht wollen, soviel teilen sie mittlerweile. Siv hält sich an ihrer Tasse fest, die Küche hat einen Balkon, zu dem die große Glastür führt, und wenn man davor steht, sieht man vor allem Häuser, aber auch einen Ausschnitt vom Stuttgarter Himmel.
Aus Tee wird Rotwein.
Jan Johannes redet von den Entschlüssen und Zufällen des vergangenen Jahres, Siv von ihren. Ein Weinglas taugt nicht gut zum Festhalten (also, überhaupt nicht), man läßt vorher gefaßte Vorsätze fahren und fängt schließlich doch ein paar Gedankenfetzen auf, die in der Luft hängen.
"Was machst du da?"
"Ich habe nichts gehört, was mir nicht sowieso schon klar gewesen wäre."
"Es ist trotzdem nicht in Ordnung."
"Dann sag mir einfach, was dich im Kopf herumgeht, anstatt es hier herumschwirren zu lassen, Siv. Ich dachte, ich bin hier unter Freunden, da muß ich mich nicht permanent unter Kontrolle halten."
"Oh schau mal, ich bin zu dir geworden. Du bist die Verbena."
Er muß lachen. Sie grinst.
"Also, damals hätte ich versucht, dir was von loslassen zu erzählen -"
"Hast du auch. Sehr deutlich."
"Oh -"
"Kein Vorwurf, Siv. Kein Vorwurf. Wieso hörst du überall die Vorwürfe?"
"Ich mag es nicht, wie sich alles entwickelt hat. Ich bin allein in dieser ziemlich teuren Wohnung, und ich arbeite und habe keine Zeit, mich darum zu kümmern, was ich eigentlich alles tun will. Meine Freunde sind genauso beschäftigt. Du bist... nie hier, und hast keine Zeit zum Telefonieren -"
"Das ist nicht wahr."
"Ach, was soll's."
"Nicht, daß ich anfangen will, dir Ratschläge zu erteilen. Du mußt selbst wissen, was du tust, aber... wie wäre es, wenn du mal woanders hin gehst? Urlaub zum Beispiel. Um zu überlegen, was es war, das du wolltest?"
"So wie du damals mit dieser Vija, nach Rußland, drei Monate?"
"Es muß ja nicht gleich etwas so Radikales sein."
"Danach bist du abgehauen."
Jan Johannes hat nicht gedacht, daß es noch immer damit zu tun hat. Auf der anderen Seite haben sie nie wirklich darüber gesprochen. Er atmet tief durch, Kräutergeruch und Sivs Katze, die aufgetaucht ist, um sich auf dem Sessel schlafen zu legen.
"Ja", sagt er. "Das war auch eine gute Sache. Unabhängig von dir war es eine gute Sache. Du bist ungefähr die einzige Person, mit der es nichts zu tun hatte, daß ich nicht in Stuttgart bleiben wollte."
"Wirklich?"
"Ja. Was hast du denn gedacht?"
"Daß... ach, nichts, das Sinn ergibt." Sie seufzt. "Ich war einfach eifersüchtig, und jetzt bin ich neidisch."
"Dafür gibt es keinen Grund, ich bin immernoch so gehandicapt wie damals, als wir uns getroffen haben."
"Bist du nicht, da hat sich eine Menge getan."
"Dann eile ich mir vielleicht selbst voraus. Du dir vielleicht auch?"
"Und in Wirklichkeit bewegt sich etwas, aber ich sehe es nicht?"
"Keine Ahnung." Schulterzucken. "Das mußt du wissen."
"Du und deine ausweichenen Antworten."
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